Weder die grauen Haare noch das Geburtsjahr auf dem Personalausweis lassen Sie das wahre Alter einer Person erahnen. Wie alt Sie wirklich sind, ist in den Tiefen Ihrer Zellen verankert, nämlich in Ihren Genen. Erfahren Sie, wie Sie Ihr wahres Alter bestimmen können und welche Faktoren das Altern beeinflussen.
Wie alt sind Sie? Das ist vielleicht nicht immer die angebrachteste Frage, aber zumindest einfach zu beantworten. Oder? Es kommt darauf an. Die Forschung unterscheidet zwischen dem biographischen und dem biologischen Alter.
Das biographische Alter ist die Zahl, die Sie nennen, wenn Sie jemand nach Ihrem Alter fragt, die Anzahl der Jahre, die seit Ihrer Geburt vergangen sind. Das biologische Alter wiederum beschreibt den individuellen Zustand Ihres Körpers und gibt an, ob Ihre körperliche Verfassung ihrem aktuellen biographischen Alter, einem niedrigeren oder sogar höheren Alter entspricht. Dieses biologische Alter ist heute kein abstrakter, gefühlter Wert mehr – es lässt sich per DNA-Analyse berechnen.
Was ist Genetik?
Um zu verstehen, was hinter den Kulissen des Alterns abläuft, lohnt sich ein Blick in die Grundlagen der Genetik. Die Genetik beschäftigt sich damit, welche Merkmale ein Lebewesen vererben kann und wie dieser Vorgang verläuft. Hierbei spielen Gene, DNA und Chromosomen eine wichtige Rolle [1].
Was ist ein Chromosom?
Ein gesunder Mensch hat in jeder Körperzelle insgesamt 46 Chromosomen, die sich aus 23 Paaren zusammensetzen. Das 23. Chromosomenpaar bestimmt das Geschlecht eines Menschen [1].
Was ist die DNA?
Die Desoxyribonukleinsäure (DNA) bildet das Grundgerüst der Chromosomen. Sie besteht aus zwei Strängen, die in Form einer Leiter über Moleküle verbunden sind und umeinander herumlaufen (Doppelhelix-Struktur). Sie hat drei wichtige Aufgaben in jeder Zelle [1]:
- Sie dient als Träger der genetischen Informationen, also der Gene.
- Sie enthält Informationen, mit denen der Körper lebenswichtige Proteine produzieren kann.
- Sie ermöglicht der Zelle, bei der Zellteilung alle wichtigen Informationen weiterzugeben und so eine exakte Kopie von sich selbst zu bilden.
Gut zu wissen: Wenn man die DNA einer Zelle entwirren würde, hätte man einen zwei Meter langen Strang.
Was ist ein Gen?
Gene dienen jeder einzelnen Zelle im Körper als Bauplan und befinden sich auf den Strängen der DNA. Gene bestimmen, welche Merkmale eine Zelle annimmt und welche Funktion sie übernimmt. Eine Zelle kann bis zu 100.000 Gene enthalten. Die Gene legen unter anderem Haar-, Augenfarbe, Körpergröße, die Kopfform und das Risiko für die Entwicklung von Krankheiten fest [1].
Warum altern Menschen?
Wissenschaftler zerbrechen sich immer noch den Kopf darüber, warum der Mensch überhaupt altert. Die meisten Theorien beschäftigen sich mit dem Zelltod. Manche Zellen verlieren irgendwann die Fähigkeit, sich zu teilen (Gewebszellen). Andere teilen sich mit der Zeit nur in einem geringeren Ausmaß (Stammzellen). Durch das vermehrte Absterben von Zellen im Alter wird der Mensch anfälliger für Erkrankungen und Entzündungen [2].
Wussten Sie schon? Sobald sich weibliche Säugetiere nicht mehr fortpflanzen können, sterben sie – mit einer Ausnahme: Der Mensch ist das einzige Säugetier, das nach den Wechseljahren noch weiterlebt. Man geht von der sogenannten Großmutter-Hypothese aus: Menschliche Säuglinge und Kinder können sich im Gegensatz zu anderen Tieren nicht selbst ernähren. Daher war es im Laufe der Evolution nützlich, dass ältere Menschen weiterleben, um ihre Kinder und künftige Enkel zu versorgen und aufzuziehen [3].
Was passiert beim Altern?
Das Altern macht sich besonders im Aussehen bemerkbar: Die einst mattschwarzen Haare färben sich grau, Zähne fallen aus und Falten zieren das Gesicht. Da die Zellteilung im Alter abgeschwächt stattfindet, gehen mehr Zellen verloren, wodurch die Organe weniger effektiv arbeiten. Die Sinnesorgane leiden auch darunter: So werden das Seh- und Hörvermögen schlechter. Blutgefäße versteifen sich, wodurch der Blutdruck steigen kann. Die Knochen schmerzen häufiger und die Muskelkraft nimmt ab. Außerdem können sich die Gedächtnisleistung und die Reaktionsgeschwindigkeit stark vermindern [4].
Was ist Epigenetik? – Einflussfaktoren auf das biologische Alter
Das Forschungsgebiet der Epigenetik untersucht, wie Umwelteinflüsse und der Lebensstil die Aktivitäten von Genen hemmen oder verstärken. Wie viel Lebenszeit wir zur Verfügung haben, hängt zu 75 Prozent von unserem Lebensstil ab. So wirkt sich beispielsweise sportliche Leistung positiv auf die genetische Aktivität von Herzzellen aus, was das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken kann. Folgende Faktoren haben einen Einfluss auf das Altern [3]:
Positiver Einfluss |
Negativer Einfluss |
Gesunde Ernährung (Selen, Vitamin B12, Folsäure, Omega-3-Fettsäuren) |
Ungesunde Ernährung, Übergewicht, hoher Cholesterin-Spiegel |
Regelmäßige Bewegung, ausreichend Schlaf |
Exzessiver Sport, Schlafmangel |
Entspannung im Alltag |
Stress |
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Schwermetalle, Nikotin, Alkohol, Drogen |
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Genetische Veranlagung von Krankheiten in der Familie |
Das biologische Alter berechnen
Der Humangenetiker Steve Horvarth beschreibt, wie sich gesundheitsschädliche Einflussfaktoren auf unsere DNA auswirken können. Dazu betrachtet er die sogenannten Methylierungen der DNA. Chemische Gruppen, die Methylgruppen, docken dabei an bestimmten Abschnitten der DNA an, den CpG-Inseln. Sie steuern, ob die DNA-Abschnitte, die auf die jeweiligen Inseln folgen, bei der Zellteilung abgelesen und dupliziert werden.
Ihre DNA verrät Ihnen Ihr biologisches Alter
Horvath vergleicht die Methylgruppen mit Rost auf einem Auto. Wenn Sie Ihr Auto über die Jahre nicht hegen und pflegen, beginnt es irgendwann zu rosten. So ähnlich läuft es auch mit unseren Zellen: Die DNA nimmt über die Jahre Schaden auf molekularer Ebene, die Zellen sterben schneller ab. Nur zeigt sich das Altern hier natürlich nicht durch Rost, sondern durch Veränderungen an den Methylgruppen. Horvath entwickelte ein Verfahren, mit dem sich anhand der Methylierung der Gene das Alter der Zellen präzise bestimmen lässt [5].
Der Genetic Age Test
Der cerascreen® Genetic Age Test orientiert sich an Horvaths Entdeckung. Mittels einer einfachen Speichelprobe aus der Mundschleimhaut, die Sie an unser Labor versenden, werden die DNA-Abschnitte mit den CpG-Inseln ausgelesen. Ein computergesteuerter Laborautomat bestimmt das Ausmaß der Methylierungen und errechnet daraus Ihr biologisches Alter.
Basierend auf einem Fragebogen, den Sie vor dem Versenden des Tests ausgefüllt haben, erhalten Sie einen umfassenden Ergebnisbericht, der Ihnen mögliche Gründe für Ihr Ergebnis aufführt. Zudem erhalten Sie eine Reihe von individuellen Vorschlägen, mit deren Hilfe Sie den Altersvorgang verlangsamen können.
Aktuelle Studie – Ist eine Verjüngung möglich?
Natürlich arbeiten Wissenschaftler nicht nur daran, den Alterungsprozess zu verstehen – sondern versuchen auch, ihn zu beeinflussen.
Forschende haben es beispielsweise geschafft, Zellen in den Muskeln und der Bauchspeicheldrüse von älteren Mäusen zu verjüngen. Sie versetzten die Zellen zurück in einen Zustand, der dem embryonaler Zellen ähnelt. Damit könnte man den Forschern zufolge die Lebensspanne der Tiere um knapp 30 Prozent verlängern. Ob diese Erkenntnis auch auf den Menschen übertragbar ist, wird noch diskutiert. In weiteren Tierstudien konnten eine reduzierte Kalorienzufuhr und das Medikament Rapamycin, welches bei Nierentransplantationen verwendet wird, die Lebensspanne der Tiere erhöhen [3].
Sirtuine-Enzyme: Beeinflussen sie die Lebensdauer?
In der Altersforschung geraten momentan die sogenannten Sirtuine-Enzyme in den Fokus. Diese Stoffe werden auch Langlebigkeits-Proteine genannt.
Sind viele dieser Sirtuine im Körper von Mäusen aktiviert, ist das biologische Alter der Tiere in Studien jünger ausgefallen und sie waren körperlich fitter als Mäuse mit weniger aktivierten Sirtuinen. Ob Sirtuine tatsächlich einen Einfluss auf die Lebensdauer haben, konnte die Forschung bislang nicht klären. Eventuell können Sirtuine dazu beitragen, dass Erkrankungen sich verzögert entwickeln [6, 7].
Finden Sie Ihre persönliche Verjüngungs-Strategie
Die Studien zeigen auch: Die Forschung steht auf der Suche nach einem medizinischen Jungbrunnen noch ganz am Anfang.
In der Zwischenzeit können Sie sich selbst jung halten.
Testen Sie Ihr biologisches Alter, um herauszufinden, wo Sie stehen. Und setzen Sie dort an, wo Sie für Ihre individuelle Zellalterung etwas tun können – sei es mehr Schlaf, weniger Stress, eine ausgewogenere Ernährung oder regelmäßige Bewegung.
Quellenangaben
[1] Faller, Adolf; Schünke, Michael, Der Körper des Menschen - Einführung in Bau und Funktion, 16. Thieme.
[2] „Is Aging Genetic or Is It Wear and Tear? How Genes Regulate Aging“. [Online]. Verfügbar unter: http://www.senescence.info/genetics_of_aging.html. [Zugegriffen: 19-Sep-2018].
[3] K. Weintraub, „Aging Is Reversible--at Least in Human Cells and Live Mice“, Scientific American. [Online]. Verfügbar unter: https://www.scientificamerican.com/article/aging-is-reversible-at-least-in-human-cells-and-live-mice/. [Zugegriffen: 19-Sep-2018].
[4] F. W. Schwartz, Das Public Health Buch: Gesundheit und Gesundheitswesen : Gesundheit fördern, Krankheit verhindern. Elsevier,Urban&FischerVerlag, 2003.
[5] „Steve Horvath – Aging and the Epigenetic Clocks | | LEAF“. [Online]. Verfügbar unter: https://www.leafscience.org/steve-horvath-interview/. [Zugegriffen: 24-Sep-2018].
[6] „Key symptom of old age reversed ‚surprisingly easily‘, study finds“, The Independent, 22-März-2018. [Online]. Verfügbar unter: https://www.independent.co.uk/news/health/old-age-frailty-blood-rejuvenate-fitness-scientists-harvard-mit-america-australia-cell-a8268926.html. [Zugegriffen: 24-Sep-2018].
[7] K. Tsubota, „The first human clinical study for NMN has started in Japan“, Npj Aging Mech. Dis., Bd. 2, S. 16021, Okt. 2016, doi: 10.1038/npjamd.2016.21.