Blastozysten sind weltweit verbreitete Einzeller, sogenannte Protozoen, die im menschlichen und tierischen Darm vorkommen. Forschende diskutieren darüber, ob der Darmparasit Blastocystis hominis an der Entstehung diverser Magen-Darm-Beschwerden und Erkrankungen beteiligt ist.
Blastozysten gerieten erst spät in den Fokus von Mediziner*innen und Forscher*innen. Obwohl viele Betroffene keine Symptome entwickeln, gibt es in der Forschung immer mehr Hinweise darauf, dass die weit verbreiteten Einzeller bei einigen Menschen Magen-Darm-Beschwerden und andere Erkrankungen hervorrufen können
Erfahren Sie hier alles derzeit Bekannte über den verbreiteten Erreger. Wir verraten Ihnen, mit welchen Symptomen und Krankheiten er in Verbindung steht, wie er diagnostiziert wird und wie man sich vor ihm schützen kann.
Blastozysten: Auf einen Blick
- Blastozysten sind einzellige Parasiten, die weltweit verbreitet sind und im Darm von Menschen und Tieren vorkommen können.
- Die Übertragung von Blastozysten erfolgt fäkal-oral durch kontaminiertes Trinkwasser oder Lebensmittel oder im engen Kontakt mit Tieren.
- Viele mit Blastozysten infizierte Menschen haben keine Symptome und bemerken eine Erkrankung gar nicht. Andere leiden unter Durchfällen, Bauchschmerzen und Blähungen.
- Die Diagnose wird oft nur gestellt, nachdem Ärzt*innen alle anderen Ursachen für Verdauungsbeschwerden ausgeschlossen haben.
- Wie genau Blastozysten behandelt werden, ist sehr individuell und teilweise noch umstritten. Bei starken Beschwerden und wenn andere Ursachen ausgeschlossen sind, können Ärzt*innen Antibiotika verschreiben.
Was sind Blastozysten?
Blastozysten sind einzellige Parasiten, die es sich im Darm ihres Wirtes gemütlich machen. Der Erreger ist in der Medizin unter den Namen Blastocysits hominis und Blastocystis sp. bekannt [1]. Jährlich infizieren sich in Industrienationen bis zu 20 Prozent der Menschen mit Blastozysten – in Entwicklungsländern sogar bis zu 100 Prozent. Damit sind Blastozysten sogar häufiger als andere Protozoen wie beispielsweise die Amöben.
Die Blastozysten sehen aus wie kleine Kügelchen und können in ihren verschiedenen Formen Größen zwischen 5 und 150 Mikrometern einnehmen (Zum Vergleich: Ein menschliches Haar hat einen Durchmesser von etwa 50 Mikrometern [2]).
Die winzigen Organismen können die verschiedensten Formen annehmen und haben außerdem eine hohe genetische Vielfalt: Derzeit sind mindestens 17 Subtypen von Blastozysten entdeckt worden. Einige dieser Subtypen werden häufiger bei bestehenden Beschwerden nachgewiesen, andere dagegen seltener [1], [3].
Lösen Blastozystose wirklich Beschwerden aus?
Blastozysten wurden erst in den 70er Jahren als potenziell schädlich anerkannt – und auch heute haben die Fachleute vieles an dem Erreger noch nicht gänzlich verstanden [4]. Eine Studienanalyse aus dem Jahr 2024 kam zu dem Schluss: Ob Blastozysten wirklich Beschwerden verursachen, ist immer noch nicht endgültig geklärt [1].
Wie einige vorherige Studien weisen auch die Autoren dieses wissenschaftlichen Reviews auf einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Reizdarmsyndrom und Blastozysten-Infektionen hin, da der Erreger bei Betroffenen häufiger nachgewiesen werden konnte [5], [6].
Wie häufig sind Blastozysten-Infektionen und wer ist betroffen?
Blastozysten kommen weltweit häufig vor. Die genaue Verbreitung ist aber schwer zu untersuchen, vor allem, weil Blastocystis hominis so oft keine Beschwerden verursacht. In Industrieländern wie Österreich sind in Studien 7 bis 20 Prozent der Bevölkerung in infiziert, in Entwicklungsländern sind es 40 bis 60 Prozent [3]. AIDS-Patient*innen sind besonders betroffen: Bei jeder*m zweiten können Blastozysten nachgewiesen werden [7].
Doch nicht immer sind Personen mit nachgewiesenen Blastozysten krank: Eine deutsche Studie konnten bei Routine-Untersuchungen bei bis zu 15 Prozent der darmgesunden Untersuchten Blastozysten feststellen.
Wie werden Blastozysten übertragen?
Wissenschaftler*innen konnten bisher noch nicht abschließend klären, wie Blastozysten in den Körper gelangen. Einige Studien belegen jedoch, dass gewisse Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit einer Infektion erhöhen können.
Risikofaktoren für eine Infektion mit Blastozysten sind [8], [9]:
- Mit Fäkalien kontaminiertes Wasser oder Lebensmittel
- Aufenthalt in einer Tagespflegeumgebung
- Umgang mit Tieren
- Auslandsreisen und Migration aus betroffenen Regionen
Gut zu wissen: Auch schnelle internationale Lebensmitteltransporte aus Regionen mit verunreinigtem Trinkwasser können die Wahrscheinlichkeit einer Blastozysteninfektion erhöhen [9].
Tiere spielen in der Übertragung von Blastozysten eine Rolle, da auch sie an dem Erreger erkranken und infektiösen Kot ausscheiden. Tiere, bei denen Blastozysten nachgewiesen werden konnten, sind unter anderem [4]:
- Hunde und weitere Vertreter der Hundefamilie (Caniden)
- Schweine
- Primaten
- Nagetiere
- Vögel
Symptome und Verlauf der Blastozysten-Infektion
Auch heute diskutieren Wissenschaftler*innen noch darüber, ob Blastozysten tatsächlich krankheitserregend sind, denn wie auch bei der parasitären Protozoe Entamoeba histolytica (Amöben) bleibt eine Infektion mit dem Erreger bei vielen Menschen aufgrund fehlender Symptome lange unbemerkt [1], [8], [10]. Ohne eine Behandlung kann der Parasit Wochen bis Jahre im Darm von Infizierten überleben [8].
Bei Menschen, die eine starke Besiedlung mit Blastocystis hominis aufweisen, wurden in einigen Studien folgende Symptome häufiger festgestellt [8], [11]:
- Wässriger Stuhlgang oder Durchfall
- Bauchschmerzen oder Blähungen
- Übelkeit oder unerklärlicher Gewichtsverlust
- Jucken im Analbereich
- Verstopfung
Allerdings ist nicht klar, ob Blastocystis hominis die Beschwerden selbst auslöst. Die Theorie einiger Wissenschaftler*innen: Blastozysten lassen sich verstärkt feststellen, wenn eine Dysbiose vorherrscht, also ein Ungleichgewicht der Darmflora, bei dem zu wenige gesundheitsförderliche Bakterien im Darm vorkommen. Vielleicht verursacht also die Dysbiose die Beschwerden und schafft gleichzeitig eine Umgebung, in der sich Blastozysten ausbreiten [1].
Wie lange hält eine Infektion mit Blastocystis hominis an?
Wie lange eine Blastozysten-Infektion anhält, ist nicht abschließend geklärt. Einige Infektionen dauern Wochen, doch auch Infektionen über Monate oder Jahre sind beobachtet worden. Darüber hinaus konnten Patient*innen trotz fortbestehender Infektion asymptomatisch werden, das heißt die Beschwerden gingen zurück.
Wie wird eine Blastozysten-Infektion diagnostiziert?
Für Ärzt*innen stellt die Diagnose eine Herausforderung dar, denn die Beschwerden kommen auch bei anderen häufigen Erkrankungen vor. So ist eine sorgfältige Diagnosestellung notwendig, um bakterielle Infektionen, durch Medikamente oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten verursachte Beschwerden sowie Erkrankungen wie Zöliakie oder Darmkrebs als Ursache der Symptome auszuschließen [9].
Eine Blastozysten-Infektion wird meistens in einer Stuhlprobe des*r Infizierten nachgewiesen. Dabei untersucht ein Labor die abgegebene Stuhlprobe auf den Erreger [8].
Da viele Menschen mit einer Blastozysten-Besiedelung des Darms keine gesundheitlichen Einschränkungen haben, versuchen Ärzt*innen in der Regel zunächst die anderen in Frage kommenden Ursachen für die Beschwerden auszuschließen [8].
Behandlung der Blastozysten-Infektion
Da Wissenschaftler*innen noch nicht endgültig erforscht haben, ob und unter welchen Umständen die Blastozysten krankheitserregend sind, verabreichen Ärzt*innen Medikamente nur, wenn sie keine anderen Ursachen für die Beschwerden finden. Es gibt keine einheitlichen Leitlinien, wie eine Blastozysten-Infektion behandelt wird.
Wenn bei Ihnen Blastocystis hominis festgestellt wird, Sie aber keine Symptome haben, erhalten Sie in der Regel auch keine Medikamente. Nur bei schweren oder sehr lang anhaltenden Magen-Darm-Problemen verschreiben Ärzt*innen zum Beispiel Antibiotika, meistens den Wirkstoff Metronidazol, der in einigen Studien zu einer Besserung führte. Auch Probiotika kommen zum Einsatz, um bei einer gleichzeitigen Dysbiose die Darmflora wieder aufzubauen [1].
Die Infektion mit Blastocystis hominis ist nicht meldepflichtig [12].
So schützen Sie sich und andere vor Blastozysten
Sie können eine Infektion mit Blastozysten durch Hygienemaßnahmen vorbeugen. Sinnvoll sind vor allem Händewaschen nach dem Toilettengang oder dem Windeln wechseln sowie vor der Zubereitung von Lebensmitteln. Achten Sie auch nach oder beim Umgang mit Tieren auf eine gute Hygiene und waschen Sie sich regelmäßig die Hände.
Waschen und schälen Sie rohes Gemüse und Früchte vor dem Verzehr. In Ländern, in denen das Leitungswasser womöglich unsicher ist, sollten Sie Leitungswasser abkochen oder nur Getränke aus versiegelten Flaschen oder Dosen trinken [8].
Falls bei Ihnen Blastozysten diagnostiziert wurden, reicht eine gute persönliche Hygiene wie gründliches Händewaschen mit Seife und warmem Wasser nach dem Toilettengang in der Regel aus, um eine Übertragung auf andere zu vermeiden [8].
Quellen
[1] G. Guard, „Blastocystis hominis; Friend or Foe“, Integr Med (Encinitas), Bd. 23, Nr. 5, S. 28–33, Nov. 2024.
[2] „groessenvergleich.pdf“. Zugegriffen: Juli 06, 2021. [Online]. Verfügbar unter: https://www.umweltanalytik.com/daten/groessenvergleich.pdf
[3] M. Ascierto u. a., „Prevalence of Blastocystis spp. and Other Gastrointestinal Pathogens Among Patients Admitted to Research Hospitals in Campania Region, Italy“, Pathogens, Bd. 14, Nr. 5, Art. Nr. 5, Mai 2025, doi: 10.3390/pathogens14050425.
[4] „CDC - DPDx - Blastocystis hominis“, Okt. 21, 2019. https://www.cdc.gov/dpdx/blastocystis/index.html (zugegriffen Juli 06, 2021).
[5] W. Jafri, N. JAFRI, R. KHAN, M. Islam, M. BEG, und V. ZAMAN, „Irritable bowel syndrome: in search of an etiology: role of Blastocystis hominis.“, The American journal of tropical medicine and hygiene., Bd. 70, Nr. 4, S. 383, 2004.
[6] A. Giacometti, O. Cirioni, A. Fiorentini, M. Fortuna, und G. Scalise, „Irritable bowel syndrome in patients with Blastocystis hominis infection“, European Journal of Clinical Microbiology and Infectious Diseases, Bd. 18, Nr. 6, S. 436–439, 1999.
[7] H. Mehlhorn, Die Parasiten des Menschen: Erkrankungen erkennen, bekämpfen und vorbeugen. Springer-Verlag, 2012.
[8] C.-C. for D. C. and Prevention, „CDC - Blastocystis - Frequently Asked Questions (FAQs)“, Sep. 16, 2020. https://www.cdc.gov/parasites/blastocystis/faqs.html (zugegriffen Juli 06, 2021).
[9] S. Majer und A. Neumayr, „Parasiten des Gastrointestinaltraktes“, Swiss Med Forum, Bd. 15, Nr. 11, März 2015, doi: 10.4414/smf.2015.02187.
[10] C. H. Zierdt, „Blastocystis hominis--past and future“, Clinical microbiology reviews, Bd. 4, Nr. 1, S. 61–79, 1991.
[11] D. A. Laksemi, L. T. Suwanti, M. Mufasirin, K. Suastika, und M. Sudarmaja, „Opportunistic parasitic infections in patients with human immunodeficiency virus/acquired immunodeficiency syndrome: a review“, Veterinary world, Bd. 13, Nr. 4, S. 716, 2020.
[12] „RKI - Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger“. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/IfSG/Meldepflichtige_Krankheiten/Meldepflichtige_Krankheiten_node.html (zugegriffen Juli 15, 2021).